• 6. bis 8. Juli 2010

  • Manali



  • Die Busfahrt nach Manali stellte sich als abenteuerlich heraus. Früh morgens gingen wir zum Busbahnhof in Daramsala. Dort gab es dann angeblich keinen public Bus, so nahmen wir einen semidelux Bus. Der einzige Unterschied war der Preis. Der Busfahrer hatte den schrecklichsten Fahrstil, den ich je erlebt habe. Er raste bei Regen die Strasse entlang und legte eine Vollbremsung nach der anderen hin, um Menschen, die an der Strasse warteten, aufzusammeln. Dabei war es ein Überzeugungsargument des Schaffners gewesen, um uns die Karten für gerade diesen Bus zu verkaufen, dass der Bus ohne Stopp durchfährt. Wir sassen ganz vorne im Bus. Links von uns wurde permanent die Tür zugeknallt, rechts von uns lief ein Fernseher, der den ganzen Bus beschallte. Zuerst kamen Hindisongs aus den 80ern, dann eine fürchterliche Sketchshow auf Hindi und dann noch eine dreistündige Bollywood-Liebesschnulze, natürlich auch auf Hindi. Wir versuchten uns mit Taschentüchern in den Ohren davor zu schützen, aber der Fernseher war einfach zu laut. Gesehen habe ich trotzdem nicht viel, da ich damit beschäftigt war, panisch die tiefen Abgründe am unmittelbaren Strassenrand nach abgestürzten Buswracks abzusuchen und zu kontrollieren, ob die Fussgänger auf der Strasse auch schnell genug das Weite suchen.

    Als mir so schlecht war, dass ich es nicht mehr aushielt, stellte Johannes den Fernseher aus! Dabei hatte gerade der zweite Bollywoodfilm angefangen. Zu meiner Uberaschung sagte niemand was und der Fernseher blieb aus. Wahrscheinlich sah man uns den Horror ins Gesicht geschrieben. Dann nach 6 oder 7 Stunden erreichten wir eine grössere Stadt, Mandi. Hier stiegen plötzlich alle aus. Daraufhin erklärte man uns, dass der Buss gar nicht nach Manali fährt und wir hier umsteigen müssen. Da wir als letztes umsteigen konnten, war der zweite Bus schon brechend voll, als wir uns mit unserem Gepäck reinzwängten. An jeder weiteren Bushaltestelle kletterten Menschen über uns und unser Gepäck hinweg. Unterwegs kamen wir an einem Staudamm vorbei, aus dem eine Wasserfontäne schoss, die so riesig war, dass sie irgendwie unwirklich erschien. Nach einer weiteren Stunde gerieten wir in einen Stau. Recht von uns der Fluss Beas und links von uns die steilen Berge. Nach vielleicht 10 Minuten war klar, dass der Fluss die Strasse an einer Stelle unpassierbar gemacht hatte, es aber einen 2 km langen Fussweg gab. Dort könnten wir dann wieder in einen Bus einsteigen. Wir entschieden uns zu laufen, da nicht klar war, ob die Strasse am selben Tag wieder befahrbar sein würde. Wir hatten zwar das ganze Gepäck, aber 2 km sind ja nicht viel. Außerdem lief auch noch der älteste Inder los. Der Weg stellte sich als Trampelpfad heraus, der sich steil den Berg hochwand. Es hatte intwischen angefangen zu regnen. Teilweise ging es neben dem Weg für meinen Geschmack zu steil nach unten! Aber ich entscheid mich weiter zu gehen, da mich selbst 60jährige Inderinnen mit Gepäck überholten. Irgendwann dachte ich auch, dass der Weg, der hinter uns liegt, bestimmt schon länger ist, als das Ziel noch entfernt ist. Ausserdem wollte ich nicht noch einmal an den steilen Abhängen vorbei. So ging es einige hundert Höhenmetern nach oben. Johannes wollte mich mit irgendeiner Hütte aufmuntern, die er oben gesehen hätte. Die Hütte stellte sich dann aber als Betonfuss eines Strommasten heraus.
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  • Und dann verlies mich der Mut! Wir waren oben. Der Weg war so schmal wie mein Fuß. Rechts ging es 90 Grad nach unten. Die Autos unten hatten die Größe von Spielzeugautos. Links war ein Felsen, der in den Weg reinragte. Hier war Schluss. Ich sank weinend zusammen. Mein Höhenangst versetzte mich in Panik. Johannes hinter mir sagte etwas, was in meinen Ohren so klang wie: "Wenn es nicht so tief wäre, wäre es gar nicht so schlimm." oder "Wenn es nicht so nass wäre, wäre es gar nicht so rutschig." Wahrscheinlich hat er aber was ganz anderes gesagt. Wir waren die letzten auf dem Berg, alle andern hatten uns längst überholt. Diese Tatsache und auch, dass wir nass waren und es bald dunkel werden würde, brachten mich dazu, die Stelle zu passieren. Ich versprach mir selber, das es danach besser werden würde. Das war nicht der Fall. Nach der Kurve sahen wir den Weg, der einen noch steileren Abhang nach unten führte. Teilweise war der Weg mit kleinen Schiefermäuerchen gesäumt. Mir war aber klar, das die lose aufeinandergelegten Steine lediglich ein Lawine ins Rollen bringen würden, wenn man sie berührte. Ich klammerte mich an den Felsen und war nicht mehr gewillt, vor oder zurück zu gehen. Johannes schlug vor, mit dem ganzen Gepäck vorauszugehen. Für mich völlig inakzeptabel! Mir war aber auch klar, dass ich auf Grund meiner Höhenangst viel zu wackelige Knie hatte, um mit dem Gepäck weiterzulaufen. Also liess ich meinen Rucksack, wo er war und begann auf allen vieren den Abstieg. Johannes ging voran, was mich noch nervöser macht, weil ich ihn vor meinem inneren Auge bei jedem Schritt abstürzen sah. Als wir eine Stelle erreicht hatten, wo wir uns beide setzen konnten, machten wir ein kurze Pause. Hier schlenderten doch tatsächlich noch zwei alte Tibeter fröhlich schwatzend an uns vorbei. Das weckte jetzt meinen Ehrgeiz. Johannes kletterte wieder hoch und holte meinen Rucksack. Ich versuchte, langsam weiter nach unten zu kommen. Nach der Hälfte des Abstieges konnte ich meinen Rucksack wieder selbst tragen und so kamen wir unten auf der Strasse an. Die Bussse waren allerdings alle längst abgefahren. Nur ein Junge wartete auf uns. Er war der Nepali, der uns was von 2 km erzählt hatte. Auf dem Berg war ich noch sauer auf ihn. Jetzt war ich froh, ihn zu sehen. Er hatte sich Sorgen gemacht und auf uns gewartet. Ihm war auch nicht klar, wie gefährlich der Weg ist. Wenig später schaffte ein Bus, die einen Meter hoch überschwemmte Strasse zu passieren und nahm uns mit. So sassen wir nochmal 4 Stunden mit nassen Kleidern im Bus, bis wir Manali erreichten. Es war längst dunkel als wir ankamen. Rambo, der nepalesische Junge kam zum Arbeiten nach Manali. Er brachte uns in einem Guesthouse unter, das er kannte.
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  • Dort schliefen wir erstmal aus. Da es am nächsten Tag immer noch regnete, unternahmen wir nicht viel. Hauptsächlich habe wir es uns zwei Tage lang gemütlich gemacht. Unser Guesthouse hatte einen Billiardtisch, an dem wir einen Abend gespielt haben. Manali liegt auf einer Höhe von 1.900 m. In Manali haben wir uns den Hadimba Devi Tempel angeschaut. Der Tempel aus dem Jahr 1553 besteht ganz im Gegensatzt zu den Tempel im Flachland von Indien ganz aus Holz. Das Holz ist teilweise mit Schnitzereien verziert, die ein fortlaufendes Muster bilden. Johannes hat sich noch einen zweiten Tempel ausserhalb der Stadt angesehen. Während ich auf der Post war und Bustickets für die Fahrt nach Shimla gekauft habe. Eine Fahrt auf den Rothangpass war aufgrund des Wetters nicht möglich.
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  • In Manali las ich in der Zeitung, dass der Monsum 20 Tage zu spät kam und dafür in drei Tagen alles nachgeholt hatte. Das Gebiet zwischen Chandigarh und Delhi war komplett unter Wasser gesetzt!

    viele liebe Grüße
    Katharina